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Afghanistan: Desaster mit Ansage

“Daß es nicht funktioniert, ein fremdes Land militärisch zu kontrollieren, selbst dann, wenn man die besseren politischen Ideen, die besseren Gesetze und die bessere Moral hat, zeigt die Geschichte der deutschen Befreiungskriege. Obwohl Napoleon Bonaparte mit der fortschrittlichsten Verfassung und dem freiheitlichsten Gesetzbuch seiner Zeit, dem Code Napoleon antrat, wurde er von der Bevölkerung selbst der rückständigsten deutschen Duodez-Fürstentümer als Besatzer empfunden und am Ende rausgeschmissen, unter tätiger Teilnahme derjenigen, denen der Code Napoleon viel Gutes gebracht hätte – der unteren Schichten. Dazu hätte man auch von den Staaten lernen können, die in den letzten beiden Jahrhunderten versucht hatten, Afghanistan zu besetzen, und damit glorios auf die Schnauze gefallen sind. Darunter ein solcher Kolonial-Profi wie England, das 1842 mit 12,000 Mann in Afghanistan einmarschierte und mit dreien wieder rauskam.

Ob die Verantwortlichen schon so beratungsresistent sind, daß nichts, aber auch gar nichts sie überzeugen kann, daß sie auf einem fatalen Holzweg sind? Wir wollen es trotzdem versuchen. Bertolt Brecht schrieb einst: ‘Lasst uns die Warnungen erneuern, und wenn sie schon wie Asche in unserem Mund sind’. Also nochmal, Leute: Geht raus aus Afghanistan, bevor es zu spät ist. 33 Tote hattet ihr schon. Laßt es nicht noch mehr werden.”

Zwölf Jahre und zwanzig Tote später

Den obigen Text schrieb ich im Dezember 2009 in einem Leserbrief an die “Frankfurter Rundschau”. Jetzt sind es 12 Jahre später und 20 tote Bundeswehr-Soldaten mehr geworden, bis es einigen in der Regierung dämmerte, dass man eigentlich in diesem Land nichts zu suchen und nichts zu gewinnen hat, und der große Bruder USA schon längst hinterrücks seinen Frieden mit den Taliban gemacht hat.

“Den Feind am Lachen halten, bis Militär eintrifft”

Früher war die Bundeswehr noch eine Wehrpflicht-Armee. Da interessierte sich die Mehrheit der Bevölkerung noch dafür, was die so alles trieb, schließlich “dienten” die Söhne nicht ganz freiwillig beim “Barras”, und Auslandseinsätze waren aus gutem Grund vom Grundgesetz verboten, das damals noch nicht ganz so verwässert war wie heute. Damals witzelte man unter Wehrpflichtigen: “Die Bundeswehr hat den  Auftrag, den Feind so lange am Lachen zu halten, bis Militär eintrifft”. Der letzte Auftrag an die aus Freiwilligen bestehenden Einheiten in Kundus und anderswo schien jetzt ganz ähnlich zu lauten. Amerikanisches Militär mußte den Rückzug der letzten deutschen Mohikaner decken, die sich wunderten, warum der Vormarsch der Taliban so schnell ging, warum sich kein Schwanz rührte, die beturbanten Krieger Allahs aufzuhalten, und warum die Bevölkerung für all die gebohrten Brunnen und gebauten Mädchenpensionate so wenig dankbar ist.

Verteidigung der Grundrechte – am Hindukusch, oder zu Hause?

Ich kann leider nur wenig Sympathie und Solidarität mit denen empfinden, die den richtigen Zeitpunkt verpasst haben, die zu spät nachgedacht haben, und jetzt vom Leben bestraft werden. Deutschlands Freiheit wird eben nicht am Hindukusch verteidigt. Dort geht es nur um imperiale Interessen der USA und der EU. Unsere Freiheit, unsere Grundrechte  müssen wir vielmehr hier, bei uns zu Hause, verteidigen.

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